Kulturwanderung: Tschiertschen - Molinis

Einen Laden für den Einkauf finden wir auf dieser Bahnhofstrasse nicht. Dafür viel Wiesen, Weiden, Wald und eine Brücke über die Plessur, die Bahnhofsstrasse heisst.

Die Wanderung verläuft anfänglich auf einem wenig befahrenen Teersträsschen. Anschliessend abwechslungsweise Wiesen- und Waldweg. Der Weg kann sowohl in Tschiertschen alsauch in Molinis gestartet werden.

 

Autor: Hansjürg Gredig, ZHAW Life Sciences und Facility Management

Wer weiss schon, dass in Tschiertschen einst eine Station für die Arosabahn geplant war? Die Frage, auf welchem Weg die geplante Bahn von Chur nach Arosa führen sollte, erhitzte damals die Gemüter. Schliesslich entschied man sich für die rechte Talseite – die Varianten über Tschiertschen oder gar über die Lenzerheide kamen nicht zum Zug. So steht am Anfang unserer Wanderung eine Postautofahrt von Chur nach Tschiertschen. Die Zugfahrt mit der Arosabahn sparen wir uns für die Heimreise von Molinis auf.

Von der einen Talseite auf die andere

Ausgangsort ist Tschiertschen auf 1340 m. Das charmante Dorf mit seinen Holzhäusern lädt zum Rundgang ein. Bezaubernd auch die Aussicht auf die nahen Berge. Tschiertschen ist nach Arosa der zweite Ort im Schanfigg mit einer langen Tourismus-Tradition. Die ersten Gasthäuser wurden mit einem Bauernhof zusammen betrieben. Die Männer arbeiteten auf dem Feld und Stall, die Frauen führten die Pension. Der Bau der Strasse (1887-94) und der erste Skilift 1952 machten Tschiertschen zu einem Winterferienort. Bekannt waren in den 1970er Jahren die Skiakrobaten von Tschiertschen.

Der Winter ist aber längst vorbei, was uns natürlich recht ist. Vom südlichen Dorfende folgen wir dem Fahrsträsschen nach Molinis. Es ist eine reine Sommerverbindung, im Winterist die Strasse geschlossen. Immer wieder werfen wir einen Blick zurück auf das schön gelegene Tschiertschen, den ersten Halt machen wir aber erst bei der «alten Sagi», einer restaurierten historischen Säge. Angetrieben wird sie mit Wasser aus dem Ruchtobel. Gelegentlich gibt es Vorführungen, wo gezeigt wird, wie man früher Holz gesägt hat.

Nach einem weiteren Wegstück auf dem Strässchen zweigt der Wanderweg nach «Gadenstett» ab, ein recht häufiger Name, der nichts anderes als «Wiese mit Stall» bedeutet. Auf unserem Weg durch Wald und Weiden haben wir immer wieder freie Sicht. «Uf Wald» ist so ein offenes Gelände oder «Cania». Wieso nicht eine Rast einlegen hier, bevor der Weg etwas rauer wird? Wieder unterwegs, umwandern wir die Canier Eggen, ein nach Norden auslaufender schmaler Bergrücken, und kommen zum Gross Bach, der von der Ochsenalp herunterfliesst. Nach einem Gott sei Dank nur kurzen Stück bergauf erreichen wir die Lichtung Zana (BetonungZanà). Molinis, unser Ziel, ist von hier schon greifbar nah. Direkt über uns ist die breitflächige Rungser Rüfi, die sich in den letzten Jahren tief in den Hang eingefressen hat.

Die Moliniser Bahnhofstrasse

Die Brücke über die Plessur bei Molinis ist mit Bahnhofstrasse angeschrieben. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Doch wie überall im Schanfigg hält der Zug vornehmen Abstand zum Dorf. Zeit haben wir ja noch, und im Übrigen fährt der Zug im Stundentakt. So schlendern wir durch das stille Molinis, zu sehen gibt’s ja Einiges. Das Gemeindezentrum von 1996, das die Holzbautradition fortführt, das Gemeindehaus mit Freitreppe, eine der wenigen alten Steinbauten oder die kleine Dorfbeiz. Nach einer Stärkung schaffen wir den Aufstieg zum Bahnhof leichter, der Weg dorthin beginnt am Dorfbach im oberen Dorfteil und führt in schönem Bogen zum Fahrsträsschen und zur Bahnstation.

 

Autor: Hansjürg Gredig, ZHAW Life Sciences und Facility Management