24. Juli 2025

Die Vision und das Handwerk

Reportagenreihe «zTal und zBerg: Schanfigger Momentaufnahmen». Heute im Porträt: Carla Gabrí und Hitsch Sprecher vom Viadukt Museum Langwies.

Am vergangenen Wochenende hat das Viadukt Museum Langwies seine Türen geöffnet. Wer in den letzten Wochen die Porträtserie mit Einblicken hinter die Kulissen verfolgt hat, weiss: Unterschiedliche Menschen haben dieses grosse Projekt möglich gemacht. Zum Abschluss wird der Blick auf zwei zentrale Leitungsfunktionen gerichtet – und auf ein besonderes Team: Carla Gabrí, künstlerische Leiterin, und Hitsch Sprecher, Bauleiter des Museums.

Das neue Museum in Langwies

Das Museum steht – und der Langwieser Bahnhof erstrahlt in neuem Glanz. Wo Reisende noch vor einigen Wochen in einem sterilen weissen Raum auf den Zug warteten, laden heute LED-Linien, ein drehbarer Zeitstrahl und ein grosses Fenster zum Entdecken ein. Letzteres öffnet den Blick ins ehemalige Stationsbüro, das historisch eingerichtet ist. Besonders die Drehscheibe des rekonstruierten Schalters mag für viele Besuchende eine Reise in die Vergangenheit sein, erinnert sie doch an die Zeiten, in denen man hier noch das Billett kaufte.

Der Warteraum ist jedoch nur einer von mehreren Museumsräumen. Auch die Stationen Schuppen, Magazin und Pfeiler laden neu ausgestattet zum Erkunden ein. So hängen unter anderem Wissenstafeln in Betonoptik an Schienen von der Decke, eine alte Güterwaage im Boden strahlt beleuchtet unter einem dicken Glas hervor und ein neu gebauter Kinoraum verführt Gäste in eine frühere Zeit. Detailverliebt zeigt sich das neue Museum. Unterschiedliche Sinne ansprechend. Mit vielen Überraschungen und interessanten Ansätzen. Schnell wird deutlich: Hinter diesem Museum steckt eine ausdrucksstarke und kunstvolle Vision – und beeindruckendes handwerkliches Geschick.

Die künstlerische Leitung

Vor einigen Wochen, auf einer sonnigen Autofahrt von Langwies nach Chur, erzählte Carla Gabrí, dass sich ihre Aufgabe als künstlerische Leiterin des Viadukt Museums ein wenig wie «Regie führen» anfühle. Und sie muss es wissen, denn die promovierte Filmwissenschaftlerin hat bereits auf internationalen Filmsets gearbeitet. Als künstlerische Leiterin ist Gabrí für eine langfristige Vision des Museums verantwortlich – für das Endprodukt und alles, was es dafür braucht. So kümmerte sie sich um die Aufgleisung des Museumsprojekts: Vom Grobkonzept mit Zeitplan über Budgetierungen, Finanzierungspläne und Rücksprachen mit Anwohnenden bis hin zu Bewilligungen, Förderanträgen und Ideen für Werbekampagnen. Parallel dazu entwickelte Gabrí – selbst mit einem breiten künstlerischen Hintergrund ausgestattet – ein Konzept, das ihre innovativen Visionen zu einem modularen Viadukt Museum ausdrückte und ihre künstlerische Handschrift durchschimmern liess.

Kein Aufwand ist zu gross

Gabrí stellte anschliessend ein passendes Museums-Team zusammen, bewegte sich – spätestens jetzt ein wenig wie eine Regisseurin – während des Prozesses zwischen und in den einzelnen Bereichen und sorgte für ein stimmungsvolles Zusammenspiel aller Teile: Unter anderem Kuration, Grafik, Szenografie und Technik. Gleichzeitig musste Gabrí als

künstlerische Leiterin immer ans Museum als grosses Ganzes denken und dafür sorgen, dass es dem Museum an nichts fehlen werde. Wer Carla Gabrí kennt, weiss, dass sie keinen Aufwand scheut. Für Ideen betreffend Inklusion im Museum liess sich die Bündnerin von Museen und Ausstellungen in London inspirieren. Ganz nach dem Motto, was London kann, kann auch Langwies. Und nicht nur visionär ist Gabrí hellwach. Auch das Arbeiten mit den Händen zählt zu ihrem Repertoire: Das Anpacken und Mitwerken. Von Filmsets in Berlin auf die Baustelle in Langwies – ein mutiger Entscheid, der sich sichtbar gelohnt hat.

Der Bauleiter aus der «Sunnarüti»

Im ganzen Prozess wurde die künstlerische Leiterin von einem engagierten Museums-Team unterstützt. Eine zentrale Rolle spielte dabei der Bauleiter des Museums, Hitsch Sprecher, welcher viel mehr als nur ein Fachmann für das Projekt war. Nicht nur als kompetenter und ideenreicher Schreiner, sondern auch als guter und vertrauter Freund von Gabrí war er für das Projekt unverzichtbar. Ausserdem ist das Museum für Sprecher – der in der «Sunnarüti» zuhause ist, da seine eigene Schreinerei besitzt und in Langwies mit seiner Frau Helle Sprecher das Gasthaus «Strela» unterhält – ein Heimspiel. Als lokaler Bauleiter weiss er genau, was zu Langwies und den Menschen des Dorfs passt. Durch sein Engagement im Dorfleben – Sprecher ist schliesslich immer mittendrin, wenn in Langwies eine Veranstaltung organisiert oder eine Ausstellung aufgebaut wird – weiss er, worauf es bei Projekten in Langwies ankommt.

«Das gait scho»

Als Bauleiter arbeitete Sprecher für dieses Projekt eng mit Gabrí zusammen, kümmerte sich unter anderem um Umbauten, Sanierungen, das Koordinieren mit anderen Fachleuten, bauliche Konzeptentwicklungen sowie auch um Transporte aller Art. Flexibilität gehörte da eindeutig dazu. Immer wieder gab Gabrí kurzfristige Dinge in Auftrag. «Wir brauchen hier noch einen Türstopper» oder «kannst du an diese Wand noch ein Tablar hinmachen? Wäre das möglich?», hiess es dann. Und Sprechers Antwort war beinahe immer dieselbe: «Das gait scho.» Hitsch Sprecher fungierte zudem als wertvoller Impulsgeber und brachte eigene Ideen und Empfehlungen mit ein. Ein gegenseitiges Vertrauen der beiden Leitungsfunktionen war für dieses Projekt unabdingbar.

Um noch kurz aus dem Nähkästchen zu plaudern, sei noch eine besondere Stärke von Hitsch Sprecher erwähnt: Das Dokumentieren des Bauprozesses. Einzig ihm ist es zu verdanken, dass das Museums-Team über wertvolles «Behind-The-Scenes-Material» verfügt.

Ein eingespieltes Team

Die Vision und das Handwerk also. Ideen, die durchs Bauen sichtbar werden. Gebautes, das es ohne vorausgehende Ideen nicht geben würde. Zwei Seiten, die sich bedingen und brauchen. Es ist nicht das erste Mal, das die beiden Kreativköpfe zusammen ein Projekt verwirklichen. Sprecher unterstützte Gabrí – die für die kulturtouristischen Formate des Schanfiggs verantwortlich ist – schon vermehrt in ihren kulturellen Vorhaben. Dabei ergänzen sie sich immer wieder aufs Neue. Ein eingespieltes Duo, das voneinander lernt. Zwei Machende, die nie stillstehen. Und wer schon einmal mit ihnen zusammenarbeiten durfte, weiss: Beide lieben die Effizienz bis ins Detail, aber der Humor kommt nie zu kurz. Ob bei späten Abendschichten auf der Baustelle oder beim «Spiisla», mittags auf einer Fest-Bank – Gelächter ist Programm. Und wenn es – wie bei jedem Grossprojekt– auch mal Meinungsverschiedenheiten gab, dann half zuverlässig, was immer hilft: Ein entschleunigender Spaziergang durch die Langwieser Natur oder ein kühles Panaché im Gasthaus Edelweiss.

Autorenschaft
Gianna Turra
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