Von der Piste ab in die Panorama Bar
Schanfigger Momentaufnahmen». Heute im Porträt: Claudia Burkhardt
Kurz vor Beginn der Skisaison am Hochwang sitzt Claudia Burkhardt an einem Tisch in ihrer «Panorama Bar» in Fatschél. Es ist ein seltenes Bild, zumal sie sonst überall nur nicht still sitzend zu finden ist: in der Küche beim Vorbereiten der selbst gemachten Slow-Food Spezialitäten, im Büro hinter dem Laptop, hinter dem Grill, hinter der Bar beim Zubereiten der Cocktails oder inmitten ihrer Gäste, etwa wenn sie Essen und Drinks serviert oder unter ihrem Pseudonym DJ Panorama für ausgelassene Stimmung sorgt. Dass es Claudia Burkhardt vor rund zwölf Jahren nach Fatschél verschlagen hat, ist ein glücklicher Zufall. In Baselland aufgewachsen, lebte sie zwölf Jahre lang in Schaffhausen, bevor sie sich der Liebe wegen im Zürcher Unterland niederliess. Richtig zu Hause habe sie sich dort aber nie gefühlt. Als sie dann im Jahr 2010 das erste Mal nach Fatschél kam, war es Liebe auf den ersten Blick. Die «Panorama Bar» – früher die «Skizophren Bar», noch früher der Shop – kannte sie anfangs nur aus der Perspektive eines Gastes am Bartresen, zumal sie den Barbetrieb als geselligen und gemütlichen Treffpunkt für Einheimische und Gäste schätzte und deshalb unterstützte. Als die damaligen Pächter vor vier Jahren den Pachtvertrag auflösten und aus den Räumlichkeiten vielleicht Büros entstehen sollten, habe sie sich einen Schupf gegeben und die Pacht kurzerhand übernommen. Aus Skizophren wurde Panorama – ein kleiner Neustart, nicht nur für die Bar und das Hochwanggebiet, sondern auch für Claudia Burkhardt selbst, die von nun an nicht mehr nur vor, sondern auch hinter der Bar – ihrer ganz eigenen «Panorama Bar» – stand.
Wie der Name «Panorama» suggeriert, lässt sich von der Bar aus die schöne Aussicht Richtung Tal geniessen. Bei klarem Wetter wandert der Blick vom Gürgaletsch zum Alpstein bis hin zum Weisshorn; eine Sicht, die nicht nur den Skifans auf den präparierten Naturpisten gefällt, sondern auch für die Gäste auf den Liegestühlen vor der «Panorama Bar» ganz schön «patschifig» ist. Darüber hinaus setzt der Name «Panorama» auch den Ton für die Atmosphäre in der Bar selbst. Der Name verdankt sich nämlich Chue Lee’s Schlagerhit aus dem Jahr 2004 «So as schöns Panorama», bei dem die Stimmung schlicht «durch die Decke» gehe. Dass sich Claudia Burkhardt im Reflex darauf den Künstlernamen DJ Panorama aussuchte und ihre erste Bar «Panorama» taufte, passt dann auch zu ihr als Mensch. Es geht ihr weitaus weniger um sich selbst als um das Gemeinsame und die Stimmung: Hier soll zusammen getanzt und gelacht werden, dazu teilt man sich einen Panorama-Eistee mit oder ohne Schuss und liegt sich in den Armen: «Luag amal, so a schöns Panorama. Niemert hets so schön wie mier. Luag amol, so as schöns Panorama. Wenn du wetsch, i schenkas dier».
Dieses Miteinander und füreinander treibt die Bar auch hinter den Kulissen an. Tagsüber werden hausgemachte Spezialitäten wie Claudias Hacktätschli-Burger, Flammkuchen oder ein würziges Masaman-Curry im Glas serviert. Von den Patties bis zu den Saucen wird alles mit frischen Zutaten hausgemacht und das in einer Küche, die kaum mehr als ein paar Quadratmeter misst. Um die Planung und die langwierige Vorbereitung aller Details kümmert sich Claudia Burkhardt selbst. Morgens erscheint sie als Erste, abends geht sie als Letzte, nach der Saison bereitet sie die nächste Saison vor. Sie trage locker zehn verschiedene Hüte, zumal es für ein grösseres Team schlicht an Beständigkeit fehle. Die Sommermonate seien zu ruhig, zudem sei man im Winter aufgrund der exponierten Lage am Hochwang besonders von den Wetterumschwüngen abhängig – bei Regen verirre sich kaum jemand hierher. Bei Sonnenschein, blauem Himmel und guten Schneeverhältnissen «räblet» es aber. Zur Hilfe eilt ihr dann nicht nur ihr Partner, sondern auch ihre Familie, darüber hinaus auch viele Freunde und sogar Stammgäste und Einheimische. Als loyale Springer auf Abruf sorgen sie nicht nur dafür, dass der Barbetrieb rund läuft, sondern auch, dass in der «Panorama Bar» ein herzliches und zuweilen gar familiäres Klima herrscht.
Mit so viel Drive könnte es theoretisch ewig so weitergehen, doch fragt man nach der Zukunft der «Panorama Bar», wird die sonst so hibbelige und aufgestellte Gastgeberin nachdenklich. Die Ungewissheit nage schon an einem. Noch gäbe es keine Prognosen, wie es nach diesem Winter mit dem Hochwang weitergeht, ob’s überhaupt weitergeht. Sicher sei, dass alle zusammen – und zwar der «Hinderschtletschti» – einen guten Job machen müssen. Nur so könne das kleine Gebiet, das hier alle so lieben, weiter bestehen und eines Tages nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer richtig aufblühen. Bis es so weit ist oder eben doch einfach fertig ist, gilt es Tag um Tag, pragmatisch weiterzuarbeiten. Zu tun gibts schliesslich genug, von der Planung der Glitzer&Glamour-Motto-Silvesterparty bis hin zum Abschmecken des neuen Chili con Carne mit Ciabatta. Denn noch steht die «Panorama Bar» nicht still, bleibt sich im Kern treu und erfindet sich stets um ein paar Grad neu. Denn alles geht, Hauptsache nicht nichts und schon gar nicht 08/15 – für das kommt nämlich niemand extra nach Fatschél.
Fotos: Nina Homberger