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Wie haben die Bergbahnen den Lockdown verkraftet? Wie ist Arosa Lenzerheide in die Sommersaison gestartet? Wie wird das Skifahren in der Zeit von Covid-19 sein? Neue Jahreskarte kaufen und was passiert bei einem erneuten Lockdown? Antworten zu diesen und weiteren Fragen, finden Sie im Interview mit den beiden CEO's Peter Engler und Philipp Holensten.
Wie sind die Bergbahnen wieder gestartet im Sommer?
Peter Engler (PEEN): Auf die Zahlen müssen wir nicht mal zurückgreifen, um zu sehen, dass unsere Produkte am Berg aktuell sehr gefragt sind. Es reicht der tägliche Blick aus dem Fenster. Das ist sehr erfreulich, aber es fordert uns auch. Es ist uns ein grosses Anliegen, dass wir die Gäste gut verteilen und grössere Ansammlungen vermeiden können. Da hilft uns die gute Mitarbeit der Gäste, aber auch grössere Massnahmen, wie die Inbetriebnahme der Sesselbahn Weisshorn Speed.
Philipp Holenstein (HOP): Auf der Seite von Arosa ist die Entwicklung ebenfalls erfreulich. Der unterstützende Betrieb mit der offenen Sesselbahn Tschuggen-Ost kommt sehr gut an. Auch ein gutes Bespiel für kreative Lösungen ist der Food-Truck und die erweiterten Outdoor-Flächen mit "Garta" bei der Mittelstation Weisshorn. Das Erlebnis für die Gäste konnte auf ein neues Level gehoben und gleichzeitig den Risiken bezüglich Covid-19 sinnvoll begegnet werden.
Es wurde nun die Maskenpflicht eingeführt. Wie gehen die Gäste damit um?
HOP: Auf beiden Seiten spüren wir eine hohe Akzeptanz von den Gästen. Die meisten Gäste verhalten sich auch sonst vorbildlich. Diese sichtbare Eigenverantwortung freut uns, da nur so die umfangreichen Massnahmen auch Wirkung tragen. Wir ziehen hier am selben Strang mit den Gästen: Wir möchten alle keine erneute Schliessung riskieren.
Wie haben die Bergbahnen die behördliche Schliessung erlebt?
PEEN: Als bekannt wurde, dass die Gebiete in Österreich geschlossen werden, war für uns klar, dass wir auch mit einer solchen Massnahme rechnen müssen. Wie schnell dies dann aber eintraf, hat uns aber überrascht. Am Freitagnachmittag vor der Schliessung hatten wir noch eine Weisung erhalten, dass wir sofortige Massnahmen in der Restauration umsetzen und am Montag den Betrieb einstellen müssen. Am späten Abend haben wir dann die Mitteilung erhalten, dass der Betrieb per sofort eingestellt werden muss. Das war auch kommunikativ eine Herausforderung und natürlich sehr schade für alle Gäste, die das letzte Wochenende noch geniessen wollten. Aus Sicht der gesamten Situation im Bereich der Gesundheit für die Bevölkerung haben wir aber volles Verständnis für die Massnahme.
Für viele Gäste mit einer TOPCARD ist die Saison frühzeitig zu Ende gegangen und sie haben keine Rückerstattung erhalten. Wie kam es zu diesem Entscheid?
HOP: Bei der TOPCARD handelt es sich – im Gegensatz zu den anderen Tickets – um eine pauschale Jahreskarte für die Sommer- und Wintersaison. Das Skigebiet Arosa Lenzerheide nahm den Skibetrieb bereits am 16. November 2019 auf. Trotz der vorzeitigen Schliessung konnte an über 100 Saisontagen die Karte benutzt werden. Daher haben die TOPCARD-Skigebiete beschlossen, auf eine teilweise Rückerstattung der TOPCARD zu verzichten. Ein ausschlaggebender Grund war der Blick auf die finanziellen Folgen für die Bergbahnen: Die beiden Bergbahnen in Arosa und Lenzerheide haben allein für die letzten 4 Saisonwochen Ertragsausfälle bei den Ticketeinnahmen von rund CHF 6 Mio. zu verkraften (ohne Berggastronomie und Nebenbetriebe). Neben den fehlenden Erträgen garantierten wir für die rund 460 Mitarbeitenden beider Bergbahnen eine 100%ige Lohnfortzahlung bis zum Austritt Mitte April. Ein Teil davon wurde glücklicherweise mit der Kurzarbeitsentschädigung von 80 % teilweise kompensiert. Die Bergbahnen sind allerdings mit hohen Fixkosten konfrontiert (Amortisationen, Abschreibungen, Zinsen, allgemeine Kosten).
PEEN: Uns war dabei bewusst, dass die Kunden ebenfalls unter den Einschränkungen der Coronavirus-Krise zu leiden haben/hatten. Daher haben wir für das Jahr 2020/21 zusammen mit unseren TOPCARD-Partnern und Bergbahnen Graubünden einen starken Fokus auf unsere treuen Gäste mit einer Jahreskarte gelegt. Daraus ist zum Beispiel die GKB-Aktion für TOPCARD und graubündenCARD entstanden und auch die Pandemieabsicherung für alle Jahreskarten. Das Risiko aus der Absicherung tragen wir vollumfänglich, da keine Versicherung bereit war ein solches Risiko zu tragen. Mit dieser Lösung waren wir auf jeden Fall Vorreiter unter den Bergbahnen.
HOP: Gerade für unsere Stammgäste, welche vermutlich noch mehr Tage bei uns verbringen werden, ist es uns wichtig, dass die Attraktivität sich weiterhin verbessert und es sich auch ohne das Virus lohnen würde, die Freizeit mehrheitlich bei uns zu verbringen. So haben wir auch mit den positiven Aussichten die wichtigen und sinnvollen Investition eingeleitet.
Was dürfen die Gäste dann erwarten?
HOP: Ein Juwel wird die Beschneiung und Inszenierung der "Black Diamond Slope" in Arosa sein. Mit dem neuen Brüggerhorn-Lift ist diese nun sehr gut erschlossen. Für gute Skifahrer ist die Piste 12 von der Attraktivität wahrlich ein Leckerbissen. Hinzu kommen das neue grosse Skidepot Tschuggen Ost mit 630 Einstellplätzen und die Sanierung der Sattelhütte mit stilvoller Fassade und Wärmedämmung sowie neuem Dach.
PEEN: In Lenzerheide planen wir Neuerungen bei der Schlittelbahn am Rothorn. Schlitteln am Abend soll zu einem ganz neuen Erlebnis werden. Wir sammeln nun auch die Erfahrungen aus dem Sommerbetrieb der Sesselbahn Weisshorn Speed und können uns vorstellen, dass wir im Rahmen der Neukonzessionierung diese Möglichkeit dauerhaft in Betrieb nehmen. Dies wäre für Wanderer und Biker gleichermassen eine grossartige Lösung. Die Sommeranbindung an Arosa wird so stark erleichtert und verbessert. Gleichzeitig können neue Trails des Bike Kingdoms erschlossen werden und der Engpass bei der Pendelbahn Rothorn 2 entlastet werden.
Eine Frage an Peter Engler: Das Bike Kingdom kommt sehr gut an. Hat man dabei aber die Wanderer vergessen?
PEEN: Kommunikativ nimmt man das Bike Kingdom wirklich sehr gut wahr, was uns auch sehr freut. Es ist uns aber ein grosses Anliegen, dass wir auch unseren Gästen, welche zu Fuss unterwegs sind, aufzeigen können, was wir dort machen. So stehen bei den neuen Trails vor allem auch die Entflechtung und damit mehr Ruhe auf den Wanderwegen im Fokus. Bei den neuen Transportsystemen für Bikes und den getrennten Anstehkolonnen steht im Vordergrund, dass Wanderer schneller am Berg sind. Es wurde in der Region aber auch viel investiert in Erlebniswege (z.B. Globiweg für Familien) oder auch Events und Unterhaltung in den Bergrestaurants. Wanderer sind uns sehr wichtig.
Was erwartet die Gäste im Winter? Wie wird das Skifahren in der Zeit von Covid-19 sein?
HOP: In den letzten Monaten haben wir viel gelernt über das Virus und wie wir damit umgehen können. In den verbleibenden Monaten bis zum Winter werden nicht nur wir mehr Erfahrungen haben, sondern auch die Wissenschaft, die Politik und die gesamte Bevölkerung. Daher ist es schwierig schon abschliessend zu sagen, wie es sein wird. Die Bergbahnbranche und die einzelnen Betriebe machen sich aber intensiv Gedanken über die möglichen Massnahmen. Beispielsweise, dass wir versuchen das Skifahren in den Zeiten mit wenig Nachfrage über dynamische Preise attraktiver zu machen. So wäre eine gewisse Verlagerung der Gäste möglich. In der Gastronomie werden wir bewährte Schutzkonzepte weiterhin anwenden. Wir planen dahingehend, dass wir in den Pendelbahnen weiterhin eine Schutzmaskenpflicht haben werden. Generell befinden wir uns aber bei den meisten Anlagen direkt an der frischen Luft, was es – nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen – dem Virus erschwert sich zu verbreichen. Der Fokus wird voraussichtlich da liegen, wo die Gäste nicht direkt an der frischen Luft sind. Daher gehen wir auch davon aus, dass Skifahren eher unproblematisch sein wird. Etwas kritischer sieht es wohl für den Aprés Ski in Gebäuden aus.
Eine ganz andere Frage: Warum gibt es überhaupt Einheimischen-Tarife?
PEEN: Es wird oft vermutet, dass wir die Einheimischen einfach mehr mögen <lacht>. Das stimmt natürlich nicht. Viele von uns sind ja auch privat mit Zweitheimischen befreundet und freuen uns, wenn sie hier oben sind. Die speziellen Tarife hängen im Wesentlichen mit den Baurechts- und Dienstbarkeitsverträgen zusammen, welche die Nutzungsrechte für z.B. Bahnanlagen und Pisten zu einem Teil mit diesem Rabatt zusätzlich abgegolten werden.
Manchmal sind die Pisten nicht in bestem Zustand. Woran liegt das? Kann es sein, dass es früher besser war?
PEEN: Der Pistenzustand hat sich in den letzten 10 Jahren durchschnittlich verbessert. Dies liegt auch daran, dass sich die Technologie bei den Pistenfahrzeugen und auch die Prognosen bezüglich des Wetters verbessert haben. Ein grosser Teil liegt aber nach wie vor beim Wetter und den Temperaturen. Beispielsweise braucht eine Piste rund 6 Stunden kühle Ruhe nach der Präparierung, um griffig und beständig zu sein. Oder es ist auch nicht möglich bei Schneefall, dass alle Pisten kurz vor der Öffnung nochmals befahren werden. Das sieht dann manchmal fast so aus, als ob man die Piste vergessen hätte. Natürlich machen es auch warme Temperaturen schwierig, die Piste flach und gut zu halten. Oder wenn geschmolzener Schnee oder sogar Regen wieder einfriert. Da muss man jeweils das Bestmögliche machen. Es handelt sich nach wie vor um ein Produkt in der Natur.
Ich habe mal gehört, dass die Pisten in Arosa besser präpariert seien. Macht man da etwas anders?
HOP: Nun, da würde ich gerne Ja sagen. Es ist aber eher so, dass der Zustand auf der einen oder anderen Seite manchmal besser ist. Das hat viel damit zu tun, dass Arosa eher in einem Kessel liegt und Lenzerheide ein langes Tal ist. So ergeben sich unterschiedliche Schnee- und Windverhältnisse, was sich auf die Pistenqualität auswirken kann. Es kann auch mal sein, dass eine Seite besser entschieden hat, ob man die Piste am Abend oder am Morgen präpariert. Generell gilt, dass sowohl die Skigebiete in Arosa (ab 1'800 m ü.M.) wie auch Lenzerheide (ab 1'500 m ü.M.) auf einer bevorzugten Höhenlage liegen.
Manchmal verstehen wir nicht, warum gewisse Anlagen geschlossen sind und andere offen? Ist das wirklich der Wind? Warum kann man das nicht früher kommunizieren?
PEEN: Gerade beim Wind kommt es auf den genauen Einfallswinkel bei der einzelnen Bahn an. Auch ist die Prognose nicht immer präzise. Da können wir am Vortag oft auch nicht viel mehr sagen, als dass starker Wind vorhergesagt ist. Am Morgen lässt es sich dann etwas besser einschätzen, aber wir wissen immer noch nicht abschliessend Bescheid. Mit der Dämmerung ändern sich die Windverhältnisse häufig noch entscheidend und wir müssen dann jeweils die Rückmeldungen von den einzelnen Bahnen abwarten. Danach informieren wir so rasch als möglich und haben auch effiziente Prozesse eingerichtet, um schnell informieren zu können.
Online einkaufen ist aktuell ja stark gefragt. Wie stehen die Bergbahnen hier da?
HOP: Im Winter verkaufen wir bereits mehr als die Hälfte der Tages- und Mehrtagestickets online. Der grosse Teil der Schneesportler lädt dabei seine Skidata Keycard oder den SwissPass. Diese Gäste gehen direkt ins Skigebiet und müssen nicht mehr an einer Kasse anstehen. Im Sommer hat es sich erstaunlicherweise noch nicht so durchgesetzt. Aber auch hier wären die Bärenlandtickets sowie Tages-/Mehrtagestickets online erhältlich.
Was möchten Sie zum Schluss noch sagen?
PEEN: Es bleibt vor allem noch zu Danken. Dabei möchten wir vor allem unseren treuen Gästen danken und auch den vielen anderen Leistungsträgern vor Ort in Arosa und Lenzerheide, welche hervorragende Arbeit in ihrem Bereich leisten. Es geht am Ende nur zusammen.
HOP: Da kann ich nur noch die Mitarbeitenden erwähnen, welche auch in dieser herausfordernden Zeit einen tollen Job machen. Gemeinsam haben wir die Krise bislang gut gemeistert und wir alle wollen uns dafür einsetzen, damit der Winter auch gut wird.