Gipfeltreffen der Mundartkultur

10. Oktober 2021
Das Festival in den Bündner Bergen ist schon lange kein Geheimtipp mehr. Das fünfte Arosa Mundartfestival hat die breite Palette der Mundartkultur in allen Facetten zelebriert. Nicht nur das Herbstwetter zeigte sich von seiner besten Seite. Die Künstlerinnen und Künstler begeisterten das Publikum mit einfühlsamen Liedertexten, wortgewandter Slam-Poetry und viel Herzblut für ihre Dialekte.
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Marion Schmitz
Stv. Tourismusdirektorin / Leiterin Marketing, Kommunikation und Tourist Services
Arosa Tourismus
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Insgesamt standen 35 Künstlerinnen und Künstler auf den verschiedenen Bühnen des Arosa Mundartfestivals. Eine Vielfältigkeit an Kunstschaffenden, Dialekten und Genres, die es sonst nirgends gibt. Aber nach Arosa kommen sie alle. Eine internationale Pop Grösse, die eigentlich auf Englisch singt und hier das Experiment Mundart wagt. Oder Musiker, die nach langer Bühnenabwesenheit wieder ihre Texte und Lieder vortragen. Vielversprechende Talente treffen auf erfahrene Bühnenprofis, gestandene Künstler auf ihre Vorbilder: Der Rapper Grégoire “Greis” Vuilleumieur  erwähnte bei seinem letztjährigen Auftritt, die Folk-Liedermacher Aernschd Born und Urs Hostettler hätten sein Schaffen und seinen Willen, etwas zu bewirken, extrem geprägt – nun standen sie zu dritt auf der Bühne. Auch die junge Bündner Sängerin Any Sabadi verzauberte die Zuschauer mit ihrer wunderbaren Stimme. Sie traf auf die Rocklegende Toni Vescoli, der auf eine über 60-jährige Karriere zurückblickt und exakt vor 50 Jahren mit seinem ersten Mundartsong Pionierarbeit leistete.

Fulminant startete das Arosa Mundartfestival am Donnerstag mit dem Seislerabend. Vertreterinnen und Vertreter dieses ungewöhnlichen Dialekts kamen zu Wort und erläuterten die Eigenheiten ihrer Sprache, Sänger Gustav gab nach vier Jahren Bühnenabstinenz ein Comeback. André Perler, Dialektologe bei SRF, gab einen Einblick in seine Masterarbeit, er untersuchte die senslerdeutsche Trunkenheitsausdrücke und kam dabei auf beeindruckende 219 Begriffe. Die Musiker Ruederer, die statt als Trio nun doch zu viert anreisten, setzten ein erstes Ausrufezeichen und überzeugten dabei Veranstalter wie Publikum. Nach coronabedingten Startschwierigkeiten in der jungen Bandgeschichte genossen sie die Autritte in Arosa sehr. So sehr, dass ein Openair-Konzert am Obersee und eine spontane Einlage auf dem Weisshorn-Gipfel folgten. Eine Szene, die jedes Musikvideo übertraf.

Ein wahres Feuerwerk der Mundartkunst wurde dann am Freitag beim “Ds Beschte vom Beschte” entfacht. Alle 23 Acts traten gemeinsam auf der Bühne im Kursaal Arosa auf. Einzigartig, diese geballte Ladung. Bänz Friedli, der künstlerische Leiter, ist immer noch überwältigt: “Es ist uns gelungen, die Vielfalt der Mundartkultur quer durch die Regionen, Generationen und Genres aufzuzeigen. Wie Puzzleteile fügen sich all diese Klangfarben von Musik, Literatur, Kabarett und Sprachkunst zu einem bunten, lebendigen Bild der Schweiz”. Mitten ins Herz trafen Trummer und Valeska Steiner mit ihrer Interpretation von “Scharlachrot”, auf den Tag genau 30 Jahre nach der Erstaufführung durch Patent Ochsner. Ihr Konzert war eine äusserst seltene Gelegenheit, denn Valeska Steiner ist normalerweise mit dem internationalen Pop-Duo “BOY” unterwegs. Für die Ausnahmefigur unter den Schweizer Songschreibern, den Frutigtaler Christoph Trummer machte sie eine Ausnahme und sang Dialekt.

Der Samstag übertraf die hohen Erwartungen. Explosiv und höchst unterhaltsam das Aufeinandertreffen von Lara Stoll, Preisträgerin des rennomierten internationalen Kabarettpreises “Salzburger Stier” und Gian-Marco “Gimma” Schmid. Auch wenn dieser eishockeytechnisch feindliches Gebiet betrat, fühlte er sich offensichtlich wohl in Arosa. Er trug Texte aus seinem Buch vom Scheitern vor. Gadenlos, wortgewandt und direkt, wie man Schmid eben kennt. Wortwörtlich zum Gipfeltreffen kam es danach auf dem Weisshorn. Das Bergpanorama über dem Nebelmeer verzauberte sowohl das Publikum als auch die Künstlerinnen. Fatima Dunn’s Musik berührte alle Anwesenden und bot die perfekte Untermalung für den spektakulären Sonnenuntergang. Die atemberaubende Stimmung begeisterte auch Roland Schuler, Tourismusdirektor von Arosa Tourismus. “Das Weisshorn mit seiner 360° Rundsicht hat sich einmal mehr als Veranstaltungsort bewährt. Und heute wurden wir dank den Künstlerinnen und dem Naturschauspiel besonders belohnt. Dieses einzigartige Erlebnis wäre ohne die gute Zusammenarbeit mit den Partnern vor Ort nicht möglich.” Am Abend holte dann der Urvater der Mundartmusik sein Konzert vom letzten Jahr nach, das er krankheitsbedingt absagen musste. Und nahm das Publikum auf eine faszinierende Reise durch seine Karriere, die er mit Anektoten, Liedern und Fotos erzählte.

Erstmals gab es am Sonntagmorgen ein Kinderprogramm. In der Bährenhöhle erzählte Leonie Alig-Baradung aus dem ersten Bilderbuch in Obersaxer Walserdeutsch. Die kleinen Zuhörerinnen und Zuhörer hingen an ihren Lippen. Die Ehre der Abschlussvorstellung kam dem italienisch-bünderischen Cantaudore Marco Todisco, dem Walliser Schriftsteller Rolf Hermann und der Berner Slammerin Jovana Nikic zu, mit 21 Jahren die jüngste Festivalteilnehmerin. Alessio Princigalli, Teamleiter Events von Arosa Tourismus, ist überzeugt: “Das Arosa Mundartfestival bezauberte Einheimische, Gäste und Zweitwohnungsbesitzer. Nach langem Warten konnte das Publikum wieder in die Kulturszene eintauchen. Die Freude darüber war deutlich spürbar und fühlbar”. Deshalb solte man sich das Datum für die nächste Durchführung jetzt schon vormerken: Das sechste Arosa Mundartfestival findet vom 6. bis 9. Oktober 2022 statt

Verfügbare Medienbilder

  • Fatima Dunn auf dem Weisshorn
    10. Oktober 2021 | © Arosa Tourismus
  • Trummer feat. Valeska Steiner im Kursaal
    10. Oktober 2021 | © Arosa Tourismus
  • Lara Stoll im Kursaal
    10. Oktober 2021 | © Arosa Tourismus
  • Spontaner Auftritt von Ruederer auf dem Weisshorn
    10. Oktober 2021 | © Arosa Tourismus